Denali National Park & Preserve

Healy

Zurück auf befestigten Straßen ging es südwärts von Fairbanks aus nach Healy. In diesem Ort wollten wir uns den „Magic Bus“ von Chris McCandless aus dem Film „Into the Wild“ ansehen. Er war ein junger Mann, welcher sich entschied, ohne Geld alleine in den Weiten Alaskas wandern zu gehen. Er wanderte nördlich vom bekannten Denali National Park auf dem Stampede Trail, wo er auf diesen, von Straßenarbeitern verlassenen, Bus stieß. Auf sich alleine gestellt, begann er zum Überleben, erst kleine Tiere wie Eichhörnchen später auch Elche zu jagen. Letztendlich starb er dennoch Monate später in diesem Bus an Unterernährung (so die Überlieferung). Für manche ist er ein Held, wiederum andere verachten sein naives Handeln, ohne große Vorbereitung und ausreichend Nahrung losgezogen zu sein.

 

Der Park

Für viele Reisende ist dieser Park das Highlight ihrer Alaskareise. Und das nicht ohne Grund! Trotz der etlichen Touristen, welche jährlich diesen Park besuchen, besteht hier eine große Chance, viele Tiere wild zu sehen. Der Nationalpark ist nach dem gleichnamigen Berg Denali (auch bekannt als Mount McKinley) benannt, welcher mit einer Höhe von 6.190 m der höchste Berg Nordamerikas und zudem der höchsten freistehende Berg der Welt ist. Leider ist dieser oft von Wolken verdeckt, weshalb empfohlen wird, so viel Zeit wie möglich, mindestens aber drei Tage im Park zu verbringen. Es soll unglaublich malerisch sein, ihn freistehend zu sehen.

 

 

In der Wildnis

Für diejenigen, die etwas mehr Zeit und Abenteuerlust mitbringen, gibt es die Möglichkeit, neben einer Busfahrt in den Park, eine selbstorganisierte Mehrtageswanderung zu machen. Dafür braucht man jedoch eine Hinterland-Erlaubnis (backcountry permit), welche im Office neben dem Busterminal kostenfrei erhältlich ist. Da das Wandern und Übernachten in der Wildnis (es gibt kaum ausgebaute Wanderwege) einige Gefahren birgt, ist es wichtig, bei den Orientierungsvideos der Backcountry Ranger aufzupassen. Diese erklären ausführlich, wie man sicher durch Unterholz wandert, sich bei Begegnungen mit Bären verhält, wie und wo man sein Zelt aufschlagen und dass man die Umwelt sauber hinterlassen sollte (Müll & Toilettenpapier wieder einpacken). Die Videos sind wirklich sehr interessant und online auf YouTube einsehbar (https://www.youtube.com/watch?v=iBWNxUIO6PA). Der Park ist entlang der Parkstraße in verschiedene Gebiete aufgeteilt, welche Units genannt werden.



“Keep close to Nature‘s heart… and break away, once in a while, and climb up a mountain or spend a week in the woods. Wash your spirit clean.” - John Muir

Täglich dürfen nur zwischen 2 – 6 Backpacker in einer Unit wandern gehen, um die Tiere nicht zu verdrängen und das einzigartige Erlebnis in der Wildnis für jeden aufrecht zu erhalten. Die Units um den Berg sind natürlich am beliebtesten und schnell ausgebucht. Nach einiger Überlegung hatten wir uns für eine bestimmte Unit entschieden, die glücklicherweise auch frei war. Da wir so etwas noch nie zuvor gemacht hatten, wollten wir erst einmal nur zwei Nächte im Park verbringen. Allein das Packen unserer Rucksäcke kostete uns vier Stunden. Was packen wir ein? Wie viel zu Essen brauchen wir? Wo bekommen wir am besten Trinkwasser her? Diese und viele weitere Fragen stellten wir uns. Am wichtigsten waren jedoch das Bärspray (starkes Pfefferspray) und die zwei bärensicheren Boxen, welche wir im Office ausleihen konnten. In die sogenannten Bärboxen muss alles geruchsintensives wie Lebensmittel, jeglicher Abfall, Zahnpasta, Seife, Deo, benutzte Handtücher und gebrauchtes Klopapier gepackt werden. Da kommt in drei Tagen so einiges zusammen. Wie manche Backpacker mit einer Box acht Tage im Park verbringen konnten, ist uns bis heute ein Rätsel.

 

Am nächsten Morgen standen wir für unser Abenteuer um halb sechs Uhr auf, um pünktlich mit dem ersten Bus in den Park zu fahren. Mit diesem ist die Chance, Bären und Elche zu sehen, am höchsten. Wir saßen keine zehn Minuten im Bus, da hielt er bereits das erste Mal für zwei auf der Straße stehende Elche! Wir waren überwältigt, wie viele Tiere man bereits aus dem Bus heraus sehen konnte. Als zwei Backpacker, kurz nachdem wir eine ganze Grizzly Bärenfamilie gesehen hatten, in ihrer Unit herausgelassen wurden, hatten wir schon etwas Bedenken. Doch wir hatten uns für diese Herausforderung entschieden und wollten die einzigartige Chance nutzen, den Park auf eigene Faust entdecken zu können. Wir stiegen aus und der Bus fuhr davon. Das war das letzte Geräusch der „Zivilisation“, welches wir für die kommenden drei Tage hören sollten. Nun waren wir auf uns allein gestellt. Mit Bedauern stellten wir fest, dass wir bereits eine Wasserflasche mit Frischwasser im Bus vergessen hatten. Zum Glück hatten wir genug Gas dabei, um uns abends etwas Gletscherwasser abzukochen.

 

Wir stellten schnell fest, dass selbst die kleinsten Dinge zum Abenteuer wurden. Ein Plumsklo zu benutzen ist das eine, aber sich mitten in der Tundra ein Loch zu buddeln war selbst für uns mit Campingerfahrung neu. Wir fingen an, komplett auf unsere Sinne zu vertrauen. Wir hatten auch keine andere Wahl. Fanden wir Bärenkot auf unserer Route, musste diese verlegt werden. Sah das Flusswasser trüb und ungenießbar aus, wanderten wir lieber noch etwas weiter flussaufwärts. Hörten wir Geraschel in unserer nahen Umgebung, fingen wir an, lautstark zu singen oder zu sprechen, und hielten unser Bärspray griffbereit. Wir wollten keine Sekunde unachtsam sein. So auch als wir in der ersten Nacht von Schritten vor unserem Zelt geweckt wurden. Dem darauffolgenden malmenden Geräusch nach schlussfolgerten wir, dass es ein Blätter fressender Elch sein müsste. Die Fußspuren der Hufe, die am nächsten Morgen auf dem Boden zu sehen waren, bestätigten unseren nächtlichen Verdacht.

 

 

Abschließend lässt sich sagen, dass unsere Zeit in der Wildnis eine einzigartige Erfahrung war. Uns umgab, John Muirs Zitat entsprechend (siehe oben), eine tiefe innere Ruhe, als wir zurück in die Zivilisation kehrten. Spätestens als wir in den lauten Touristenbus stiegen, der uns aus dem Park bringen sollte, wussten wir, dass die Stille der letzten Tage etwas ganz Besonderes gewesen war.